Ein lesenswerter Artikel von Prim. Dr. Michael J. Merl, Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes und Jugendalters, Kepler Universitätsklinikum Linz

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LESERBRIEFE
Kindern helfen
Von Michael J. Merl 22. Februar 2021 20:13 Uhr
Vieles von dem, was Frau Macedonia in ihrer Kolumne vom 20. Februar über die Entwicklung des Gehirns schreibt, ist richtig:

Lange anhaltender Stress und die damit verbundene Ausschüttung von Cortisol schädigen auf Dauer die Entwicklung des Gehirns und verhindern wichtige Lernvorgänge. Die Pandemie und ihre Folgen haben dazu geführt, dass soziale Kontakte und damit verbundenes Lernen abgebrochen oder stark eingeschränkt wurden. Ratlosigkeit, Angst und kindliche Depressionen waren und sind die Folge. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie sind wir neben den psychischen Störungen, die Kinder und Jugendliche schon vorher hatten, nun auch mit diesem Phänomen konfrontiert. An der Klinik versuchen wir den Betroffenen zu helfen, indem wir Stress reduzieren, von Sorgen entlasten und Kindern wieder eine Perspektive und Orientierung geben. Medikamente kommen da manchmal zum Einsatz, um zu unterstützen.

Der Schwerpunkt der Therapie liegt in kinderspezifischer Psychotherapie, in der die Kinder über ihre Sorgen sprechen oder sich durch Zeichnungen oder andere kreative Techniken ausdrücken können. Ergotherapeutinnen und Heilpädagoginnen üben mit Kindern, wie man Ziele, Träume und Wünsche umsetzen kann. Die Musiktherapeutin aktiviert die musische Seite der Kinder. Im Kontakt mit Tieren verlieren Kinder ihre Ängste und gewinnen Sicherheit zurück.
Eltern gewinnen in Familiengesprächen neue Einsichten, wie sie ihren Kindern helfen können. Hier irrt Fr. Macedonia: Kinder- und Jugendpsychiatrie ist nicht Psychopharmakabehandlung und Gesprächspsychotherapie. Es ist viel mehr. Und davon gibt es in Oberösterreich leider zu wenig.

Prim. Dr. Michael J. Merl, Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes und Jugendalters, Kepler Universitätsklinikum Linz